Ich verstehe ha Menschen nicht, die
sich nicht das ganze Jahr auf die Buchmesse freuen und dann ganz früh
aufstehen um pünktlich zu sein zum großen Ding Dong, der die Messe
eröffnet. Bis zum großen Ding Dong ist allerdings noch ein bisschen
Zeit.
Zuerst muss ich mal aufstehen. Das ist
gar nicht so einfach wenn man keine Lust hat und ich zögere den
ersten Schritt aus dem Bett noch eine Weile hinaus. Das ist natürlich
nicht besonders spannend und wir springen gleich ein wenig nach
vorne. Straßenbahn und Zug bilden eine Einheit und schon eine Stunde
bevor das große Ding Dong ertönt bin ich in der Messehalle und darf
mal eben den bitteren Geschmack der Panik kosten. Das Ticket, dass
ich mir ausgedruckt habe will mich nicht durch die Messetore bringen
und der kundige Blick eines der Torwächters bringt auch zu tage
warum.
„Das ist von 2018.“ sagt er, hat
damit seine Arbeit getan und verschwindet wieder da hin von wo er
gekommen war. Mit Adrenalin für zwei im Körper und ganz schlimmen
Worten auf den Lippen bemühe ich mein schlaues Mobilofon und komme
doch noch an mein Ziel. Die Pforten öffnen sich und der Torwächter
grüßt freundlich als würden wir uns zum ersten mal sehen. Ich
denke ja langsam das sind alles Roboter. Freundliche Roboter, aber
eben Roboter.
Viel Zeit hat mein nicht rein kommen,
Panik kriegen und dann doch rein kommen nicht gebraucht und ich
schlurfe ein bisschen motiviert durch die Glashalle um mich mal zu
orientieren. Was eigentlich Quatsch ist, sieht ja doch alles gleich
aus, so wie im letzten Jahr und im Jahr davor und so weiter und so.
Das stimmt natürlich nicht und ich gucke erst mal doof aus der
Wäsche. Auch wenn ich es nicht zu hundert Prozent garantieren kann,
bin ich doch der Meinung hier an der Stelle wo ein Stand mit
Süßigkeiten wohnt im letzten Jahr noch was mit Kultur gesehen zu
haben. Was soll das frag ich mich und schlendere einfach mal weiter
um die Reste von dem zu entdecken das der Bonbonhändler noch übrig
gelassen hat.
Lange dauert das natürlich nicht. arte
und mdr haben sich schon ein paar Schritte weiter versammelt um dem
buchwurmigen Fernsehzuschauer einen Platz zum Gucken und belesen
werden zu bieten. Da kommen im halbe Stunde Takt Leute auf kleine
Bühnen und dürfen über ihr geschriebenes Wort berichten. Auf der
Liste der Berichterstatter ist auch der Dirk und das freut mich.
Näheres dazu gibt’s im zweiten Teil.
Mit dem Schlendern bin ich bald durch
und suche mir einen Sitzplatz zum sitzen. Ein paar Schritte nebenan
fallen mit zwei Menschen auf die am Rande des Menschenstroms mit
geöffneten Werken auf Literaten warten um beim Erblicken eben jener
in den Strom zu tauchen und einem Raubfisch gleich ein Signum ihrer
Drucke einzufordern. Mehr gibt es nicht zu sehen.
Für eine halbe Stunde fühle ich mich
wie einer der vielen Teenager die sich hier herumtreiben, mir ist so
richtig langweilig. Mal wieder jung fühlen hab ich mir auch anders
vorgestellt.
Man möchte ja meinen, dass ein Mensch
der zur Buchmesse geht, sich für dreißig Minuten beschäftigen
kann. Stimmt schon, ich fand es nur komisch etwas zu lesen mit zur
Buchmesse zu bringen. Das ist wie im Dschungel eine Palme pflanzen
oder so. Nicht falsch an sich, aber komisch gucken tun sie doch alle.
Als das große Ding Dong kommt ströme
ich mit den Massen in die Hallen und im Gegensatz zu den letzten
Jahren weiß ich auch gleich wo ich hin will. Eine Premiere möchte
ich sagen und es ist nicht die einzige. Mein Ziel ist ein
Arbeitsgespräch und worum es dabei genau geht sag ich natürlich
noch nicht.
Als nächster Halt auf meiner Reise
steht Korea auf dem Programm. Deren Pavillon ist wieder sehr schön
und die Koreaner sind gerade dabei den schönen Pavillon zu eröffnen.
Während sie an dem einen Eingang ein band zerschneiden gehe ich von
der anderen Seite rein und gucke was los ist. Danach wird geredet.
Jeder darf reden und jeder bekommt auch Applaus. Ich stehe nur da und
gucke zu. Verstehen tu ich natürlich kein Wort, weil die alle so
leise reden und koreanisch. Ein Mitarbeiter vom Pavillon erklärt mir
kurz was los ist, ich erkläre, dass ich den Pavillon immer gut
finde, er bedankt sich und ich stehe weiter rum. Zwischenzeitlich
glaube ich, die reden nur über mich und dass sie nur noch reden,
damit die blöde Langnase in der Gegend steht wie ein Trottel.
Irgendwann kommen noch andere Messebesucher und lassen sich nicht von
dem offiziellen Anlass stören und drängen sich sanft vorbei. Das
hat viel von Loriot und die Pointe kommt erst noch. Die ganze zeit
halte ich ein Buch in der Hand und ein Heft. Erst durch einen
freundlichen Hinweis eines Mitarbeiters wird mir klar, dass ich das
Buch nicht mitnehmen darf. Ich komme mir total doof vor und gehe da
nie wieder hin.
Der Rest vom Messetag ist rumlaufen und
Cosplayer knipsen. Ich frage noch nach einem Comicband beim falschen
Verlag. Die haben allerdings einen anderen sehr guten Comic und den
nehme ich auch gleich mit, nachdem ich bezahlt habe.
Für heute hab ich genug gesehen und
bin auch zufrieden mit meiner Beute.
Als ich meinen Rucksack leere gibt’s
noch eine Überraschung. Ein Objektiv fehlt und ich bin mal eben so
angepisst wie lange nicht mehr. Weil ich eben das Objektiv brauche
wird gleich mal ein neues bestellt und weil ich so sauer bin kaufe
ich mir gleich noch einen Kindl. Da jetzt einen tieferen Sinn zu
sehen wird keinem von uns gelingen.
Abends höre ich mir noch eine Lesung
an und geredet wird auch noch. Das hebt die Laune ein bisschen und
ich freue mich dann doch auf den nächsten Tag Buchmesse.
Die Bibliothek auf dem Todesstern braucht auch mal neue Bücher.
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