Mittwoch, 6. Juli 2016

With Full Force – Erst mal das Danach

Es ist Montag und eigentlich schon vorbei. Die Sachen sind gepackt und bis auf das Zelt haben wir es alle geschafft. Das Zelt ist natürlich nicht irgendein Zelt. Es ist das Zelt, dass mir in den letzten Tagen Unterschlupf und Schutz geboten. Ein Zelt wie es sein muss um ein Zelt zu sein. Ein Zelt Zelt. Ein Zelt das nie wieder Zelt sein wird. Ein Zelt das von uns verabschiedet wurde und mit allen nötigen Ehren der Wiese und damit dem Willen des Reinigungstrupps überlassen wurde. Tschüss Zelt.
Abbauen, einpacken und los fahren. Dazwischen noch ein schnelles Frühstück, Brötchen auf die Faust und schon sind wir unterwegs nach hause. Bis jetzt lief alles noch ganz flüssig, aber irgendwie auf Autopilot. Der macht sich jetzt auch mal bemerkbar und ich muss bemerken wie sich die ersten Wortfindungsschwierigkeiten in die Gespräche mischen. Gefühlt geht es mir trotzdem ganz gut. Das wird auch noch besser, als ich mich in die Wanne werfe, Wasser dazu tue und den Rest vom Festivalgelände abwasche. Entgegen aller Vernunft, überlasse ich mein Schicksal nicht der Couch, sondern gehe erst mal Wäsche wachen, Einkaufen und mein Fahrrad vom Fahrraddoktor abholen. Wie schon im letzten Jahr trage ich eines meiner neuen Shirts aus der Wundertüte und überlege mir, dieser Band wenigstens mal eine Chance zu geben.
Während ich so durch die Straßen schlendere und meine Erledigungen erledige, fühle ich mich noch ganz schön festival. Ich sehe ein paar Leute vor einem Dönerimbiss sitzen und frage mich zu welcher Band sie gehören. Auch der Rest von mir ist noch nicht ganz zu hause angekommen. Der Ernst des Lebens ist einfach noch nicht da und ein Teil überlegt schon, welche Bands heute Abend spielen.
Fast ohne es zu merken, erledige ich meine Wege und nach dem ich die Wäsche aufgehängt habe gibt’s noch was zu essen. Der Aufmerksame Leser wird sich schon gefragt haben, wo denn nun das Brötchen vom Anfang des Textes geblieben ist. Ganz einfach. Ich habe es in den Kühlschrank gelegt. Dort bleibt es frisch und kann zu späterer Stunde in mich rein gestopft werden. Das mache ich jetzt auch und finde das gut. Böse Menschen werden behaupten, ich hätte beim Full Force jeden Tag ein Brötchen vom Frühstück mit genommen und in den Kühlschrank gepackt. Und ich hätte dieses Brötchen jeden Tag nicht gegessen und es hart werden lassen und weg werfen müssen. Denen kann ich nur entgegen werfen. Mit Nichten ihr finsteren Gesellen. Das Brötchen im Kühlschrank war wohl mehr als Gebäck in einer Kühlung. Es war ein Zeichen. Ein Bollwerk gegen die wilde Sammlung der Dosen und Flaschen die euch das Glück in den Hals schütten wollen. Das getrunkene Glück dass uns vorgaukeln will „Da hinten wird es schon wieder hell.“, „Die haben bald wieder O Saft.“ oder „Slayer.“. Diesen Brötchen im kalten Möbel war ein Stück Klarheit im Nebel der Promille. Es war ein Stück Toni für alle von uns.
Nach dem Essen gucke ich noch Stargate Atlantis und drehe mich kurz um. Zwei Stunden später oder so, werde ich wieder wach und merke wie mein Körper das komplette Versagen nicht mehr ganz ausschließen kann. Ich hole noch die Wäsche rein und lasse den Rest des Tages vom Autopiloten bewältigen. Im Traum entgittere ich noch ein wenig und bin ganz froh noch einen Tag frei zu haben.


 Ich bin auf der anderen Seite von dem Bild.