Montag, 3. Oktober 2016

Laufen 6

Mit dem Körper wird nich gerannt.“ Mein innerer Bademeister hat recht. Obwohl ich ihm nicht ganz traue. Er hängt in letzter Zeit ziemlich oft mit meinem inneren Schweinehund zusammen und meinen inneren Sportlehrer hab ich auch schon lange nicht mehr gesehen.
Egal auch, der Körper den ich gerade über den Waldweg hetze ist wirklich nicht zum schnellen Laufen geeignet. Viel mehr ist dieses Konvolut aus gebrauchten Restteilen gerade so dazu in der Lage Überschrittgeschwindigkeit zu erreichen und damit sollte ich zufrieden sein. Wenn ich jetzt versuche meine Organe zum Rennen zu überreden geht das nicht lange gut. Zuerst kommt ein komisches Gefühl, dass man am besten als Trennung von Geist und Körper beschreiben kann. Eine Trennung die allerdings nichts von einer meditativen Erfahrung hat sondern mit ganz viel Aua von innen und außen einher geht. Ab da kann ich nur noch zu gucken wie mein Körper vom Laufen über Unterschrittgeschwindigkeit zum Spazieren wechselt und dabei so tut als könnte er ganz toll tanzen und Mathe gleichzeitig. Nach dem Spazieren kommt Liegen. Wenn man in Sportklamotten in der Gegend liegt und im eigenen Schweiß badet wird man schon ml für tot gehalten. „Guck mal Manfred da liegt einer.“ Höre ich die eine Hälfte eines Rentnerehepaares ihre Entdeckung kommentieren. „Komm Erna, das wird nischt mehr.“ Brummt die andere Hälfte und hat womöglich Recht. Erna wirft mir noch einen letzten, mitleidigen Blick zu und geht mit Manfred in eine ungewisse Zukunft. „Nicht ins Licht gehen.“ Will ich noch hinterher rufen, da sind die beiden schon weg.
Ich laufe weiter und es drängen sich Gedanken auf die mein Tun in Frage stellen. Schmerzende Beine bis zum Kopf hoch. Ein Körpergeruch der an kopulierende tote Tiere erinnert und ein Anblick der mit viel Wohlwollen als seltsam zu beschreiben ist. Warum mache ich das? Wer oder was treibt mich hier durch das Unterholz, nach Luft ringend und ohne ein wirkliches Ziel? Gibt es eine höhere Macht die mich lenkt und damit einem noch höheren Ziel näher bringt, dass zu erreichen mein Schicksal ist. Gibt es ein Leben nach dem Laufen? Keine Ahnung. Ich hab da ja noch eine andere Theorie. Eine Invasion nämlich. Eine Invasion von Außerirdischen die unangekündigt am Himmel auftauchen um mal eben die Erde in ihren Besitz zu bringen. Technisch gesehen sind uns die Außerirdischen weit überlegen. Das erkennt man ganz gut daran, dass sie mit großen Raumschiffen über uns schweben und mal eben ein paar Gebäude kaputt gelasert haben. Wie es der Zufall jedoch will ist diese Rasse mit ihrem Alphabet nie über zwei Buchstaben hinaus gekommen, weswegen dort so gut wie alles Bob genannt wird. Die Bob stehen also am Himmel und lasern gerade ein Aldi in zwei Teile, bis sie mich entdecken. Ich laufe gerade eine Runde um Fluss entlang und überlege mich einfach fallen zu lassen. Während sie mir so zusehen unterhalten sie sich:
Bob: „Bob bob bob bob bob“
Bob: „Bob bob bob“
Bob: „Bob bob bob bob bob“


Ich werde zu ihnen an Bord gebeamt und zu ihrem König ernannt. Damit bin ich nun der Herrscher über zwei Welten und zu jeder Zehnerpackung Milchschnitte gibt es ein gratis T-Shirt wo mein Gesicht drauf ist. Das hört sich vernünftig an und ich laufe frisch motiviert da hin wo ich los gelaufen bin und habe mein Ziel erreicht.
Bei schlampigen Dehnungsübungen im Hof komme ich langsam wieder zu Luft und will die Früchte meiner Arbeit ernten. Ein Blick auf mein Smartphone verdirbt mir das aber gewaltig. Zwei Kilometer werden mir unterschlagen und damit ein sportliches Ereignis zu einem Spaziergang degradiert. Ich denke noch „Scheiß Technik“ und gucke in den blauen Himmel, ob die Bob nicht schon zu sehen sind.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen