Samstag, 24. Oktober 2015

Laufen Teil 5

Ich stehe vor dem Spiegel und bin gespalten. Die schwule Seite in mir, hält es für eine Katastrophe die voll männliche Seite ruft von weiter hinten. „Wir sind ein Mann uns ist das egal.“ Der faule Teil von mir versucht die Situation zu nutzen und ruft immer mal aus dem Halbdunkeln. „Lasst uns doch einfach hier bleiben.“ Wie es beim Sport so üblich ist, geht es natürlich erst mal um die Klamotten. Schwarzer Pullover, schwarze Hose, schwarze Leggins und orangene Schuhe. Deren Orange so Orange ist, dass es so nur in der Seenotrettung zum Einsatz kommt und ich bin auch der Meinung, dass man mich bei guten Wetter vom Weltraum aus laufen sehen kann. Ich stelle mir dann einen Dialog vor zwischen Scott Kelly dem amerikanischen Kommandant der ISS und Sergei Wolkow vor.
Da schau Sergei, der Toni läuft wieder.“
Und Sergei dann: „Halt dein Maul du Kapitalistenschwein.“
Egal, das geht mich nichts an. Ich laufe aller Kritiken zum trotz und brauche mir eigentlich keine Sorgen machen. Ist doch der modische Grundton hier irgendwo zwischen Pyjama und Neonreklame angesiedelt und da passe ich dann doch ganz gut rein.
Laufen also, ganz wichtig dabei ist das nicht verlaufen. Das mache ich in der letzten Zeit auch weniger und hierin der Natur passiert das ja auch seltener. In der Stadt kann ich da schon andere Beobachtungen machen. Da trifft man immer wieder auf verwirrte Menschen die der Länge ihrer Bärte und dem Stil Kleidung nach zu urteilen schon seit den Achtzigern hier herumirren. Hilfe wollen die aber auch nicht. Höchstens mal ne Club Mate.
Weiter geht’s mit mir. Das Wetter wird ja jetzt auch immer weniger warm und gerade früh kommen da schon Stellen die einem den Frost hinter die Ohren treiben. Ich lasse mich natürlich nicht aufhalten, treffe ein paar weiße Wanderer, grüße die Jungs von der Nachtwache und einer fragt mich nach dem Weg. „Du weeßt nüscht John Schnee.“ Sage ich und laufe weiter.
Auf so einer Laufung läuft man natürlich nicht allein und es begegnen einem auch andere Läufer unterschiedlichster Bauart. Da sind die jungen Frauen die immer in der Gruppe laufen, sich unterhalten und was für ihre Figur machen wollen. Eine von denen ist immer die dickste und damit können sich die beiden anderen schon mal besser fühlen.
Dann gibt’s da die Rentner die ich am meisten mag wenn sie mich nicht überholen. Und dann noch die voll fitten Typen die ganz schnell laufen und keinen grüßen. Sportskanone möchte man hinterher rufen und das ist dann nicht nett gemeint.
Irgendwann auf meiner Runde gibt es dann auch was zum gucken. Kurze Shorts die ich von weitem schon sehe, mit hübschen Beinen drinnen und ich freue mich auf den Rest der da mit läuft. Als der Rest dann näher kommt, erkenne ich graue Haare und einen Vollbart. Egal, ich bereue nichts.
Der Rest vom Laufen ist dann ereignislos. Ein Fuß vor den anderen und so weiter bis man da ist wo man vorher schon war und die verschwitzten Klamotten in der Wohnung verteilt. Das hält die Wölfe fern und gibt mir mal eben ein Gefühl von Leben. Das sage ich zumindest immer wenn jemand fragt.

Der kleine Turtle muss nicht laufen.

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